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"'Werk vor Ego' ist ein Prinzip in der Kunst, das der Wirtschaft guttun würde"

Berit Sandberg und Martin Stiefermann im Gespräch mit Michael Leithinger + Festival-Impuls "Kollektives Genie"

Berit Sandberg und Martin Stiefermann übertragen mit Art Hacking kunstbasierte Arbeitsweisen auf Unternehmen. – Im Interview schildern sie diese „Kulturarbeit“.

Bei Art Hacking geht es unter anderem darum, Muster im Wirtschaftsleben mit Methoden oder Arbeitshaltungen aus der Kunst aufzubrechen. Wie ist Art Hacking entstanden?

BS: Im Rahmen eines Forschungsprojekts habe ich eine Künstlerin getroffen, die mir eine Frage geschenkt hat, die mich bis heute fasziniert: Was können Führungskräfte von Künstler:innen lernen? Wir haben dann gemeinsam ein Buch zu diesem Thema geschrieben. Es folgten weitere Publikationen und Workshops und daraus ist schließlich das Label Art Hacking entstanden.

Was machen Künstler:innen anders? Haben Sie hierfür ein konkretes Beispiel?

BS: ‚Werk vor Ego‘ ist ein Prinzip in der darstellenden Kunst, das der Wirtschaft guttun würde. Künstler:innen stellen sich in den Dienst eines Werkes. Es geht darum, seinen Mitspieler:innen zu vertrauen, sie strahlen zu lassen und im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsame Sache zu machen. Pina Bausch und das Wuppertaler Tanztheater sind ein gutes Beispiel für dieses Prinzip.

Inwiefern?

BS: Sie hat ihre Choreografien nicht angeordnet, sondern die Persönlichkeiten und Geschichten ihrer Tänzer:innen in die Entwicklung der Stücke integriert.

MS: Pina Bausch hat mit ihrem Ensemble immer auf Augenhöhe gearbeitet und damit erreicht, Vertrauen zu schaffen, das war die Basis und das war genial. Sie konnte aus heterogenen Persönlichkeiten eine Einheit schaffen, die gut zusammenarbeiten und kreative Höchstleistungen vollbringen konnte.

BS: Teambuilding und Leadership, das sind auch Themen in unseren Workshops für Organisationen. Wir wollen mit den Mitteln der bildenden oder darstellenden Kunst Innovation und Veränderung anstoßen. Wir arbeiten spielerisch und jenseits von Sprache und Ratio. Das ist spannend und das gelingt gut.

Berit Sandberg: "Kollektives Genie"


„In Bewegungsübungen kann man Themen anders erfahren und erspüren als in der sprachlichen Auseinandersetzung.“


Gibt es hier Berührungsängste bei den Teilnehmer:innen?

MS: Wenn die Menschen einmal dabei sind, sehr selten. Die meisten gehen gut mit und sind verblüfft, was sich da alles tut, und sagen dann, so etwas hätten sie noch nicht erlebt.

BS: Im Vorfeld gibt es manchmal Berührungsängste in den Organisationen und die eine oder andere Hürde. Es braucht Mut, sich auf einen Ansatz einzulassen, der keine schnellen Lösungen verspricht, sondern – wie in der Kunst – sehr persönlich und ergebnisoffen ist.

Bleiben wir beim Tanz – wie eignet sich dieser für die Arbeit in Unternehmen?

MS: Ich spreche lieber von Bewegung, Tanz hat für viele etwas Elitäres. In Bewegungsübungen kann man Themen anders erfahren und erspüren als in der sprachlichen Auseinandersetzung und so zu neuen Ansätzen für Problemstellungen kommen. Darüber hinaus geht es im Prinzip um Körper- und Raumwahrnehmung. Bei jeder Präsentation beispielsweise ist Ausdruck gefragt, Körpersprache, Inszenierung, das Spiel mit der Zuhörerschaft – das ist für uns Künstler:innen Daily Business und da können wir vieles vermitteln.


Pina Bausch, eigentlich Philippine Bausch, (* 27. Juli 1940 in Solingen; † 30. Juni 2009 in Wuppertal) war eine deutsche Tänzerin, Choreografin, Tanzpädagogin und Ballettdirektorin des nach ihr benannten Tanztheaters in Wuppertal. In den 1970er-Jahren wurde Pina Bausch mit ihrer Entwicklung des Tanztheaters zu einer Kultfigur der internationalen Tanzszene. Sie galt in der Fachwelt als die bedeutendste Choreografin ihrer Zeit.

2011 widmete ihr der deutsche Filmregisseur Wim Wenders die Dokumentation „Pina“.

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